Den Großteil unseres geplanten “Pflichtprogrammes” hatten wir gestern mit dem Vatikan hinter uns gebracht. Nach drei Tagen mit Terminen (kulinarische Stadtführung, Kolosseum, Vatikan) war es schön, mal wieder einen Tag komplett unverplant anzugehen.
Der Tag begann sehr entspannt, so dass wir erst gegen 13 Uhr bei unserem ersten Programmpunkt des Tages angekommen sind: dem Römischen Nationalmuseum.
Auch hier gab es wieder einige fantastische Statuen zu bestaunen. Der Vorteil zu Kolosseum oder Vatikan: hier waren weit weniger Besucher, so dass man sich nicht gegenseitig auf die Füße tritt und tatsächlich auch mal die Zeit findet, vor einem interessanten Ausstellungsstück innezuhalten. Ein weiteres Mal war ich fasziniert von der Genauigkeit der Statuen.
Besonders angetan hat es mir der Diskuswerfer: dass die Menschen schon vor über 1.000 Jahren die Fähigkeit hatten, den menschlichen Körper so detailgenau nachzubilden, hat mich sehr begeistert. Oftmals schlendert man in Museen an so etwas vorbei, aber gerade auch als jemand, der selbst versucht mit Krafttraining ein wenig für den eigenen Muskelapparat zu tun und da momentan eh ein gewisses Auge für hat, ist diese detaillierte Darstellung von Muskeln und gar von Adern unter der Haut echt meisterhaft.
Ein weiteres Ausstellungsstück, das mich sehr beeindruckt hat, ist diese Skulptur eines Boxers, die im Jahr 1885 bei Ausgrabungsarbeiten gefunden wurde. Neben der Statue steht eine Tafel mit einem Foto aus dem Jahr 1885. Und so was kann mich ja schon immer berühren: wenn ich einen Gegenstand vor mir stehen habe und auf einem Foto sehen kann, dass er schon vor zig Jahren existiert hat. Aber das war ja nur der halbe Wahnsinn. Nicht nur, dass es mich schon begeistert hat diese Statue auf einem so alten Foto zu sehen – mir vorzustellen, dass sie schon mehr als zehnmal so lange existiert, hat mich absolut umgehauen und mir die Dimensionen dieses antiken Stücks aufgezeigt. Selbst 1885 war das häufigste Verkehrsmittel nicht das Auto, sondern maximal das Pferd oder der Handwagen. Und schon damals war diese Statue so uralt. Wow!
Und auch wenn ich Mosaiken eigentlich nicht so wirklich was abgewinnen kann: wenn ich sehe wie handwerklich meisterhaft diese schon zu Zeiten der alten Römer gearbeitet waren, erstarre ich demütig.
Hier mal zwei Beispiele: zum einen dieses recht kleine Mosaik, dessen filigrane Arbeit erst dann wirklich offenbar wird, wenn man sich das ganze mal aus der Ferne, mal aus der Nähe anschaut. Die kleinsten Teile des Mosaiks waren nicht einmal halb so groß wie ein kleiner Fingernagel. Ganz abgesehen von der Farbgebung. Ich ziehe meinen Hut.
Zum anderen fand ich es bei dem folgenden Mosaik spannend, dass mit so groben Mosaiksteinen doch so gut die Farbgebung und die Anatomie der dargestellten Personen abgebildet werden kann.
Ein weiterer Raum kam mit nur einem Ausstellungsstück aus, das hervorragend in Szene gesetzt wurde: eine Maske, gefertigt aus Elfenbein. Diese wurde in einem komplett dunklen Raum ausgestellt und schwebte förmlich in ihrer Vitrine, das geisterhafte Licht tat ein übriges, um diese Maske sehr mystisch wirken zu lassen.
Das Nationalmuseum geht über unterschiedliche Etagen, deren oberste auch toll anzusehen war. Hier wurde eine ausgegrabene Stadtvilla eines Senators aus dem alten Rom ausgestellt. 1:1 so, wie sie ausgegraben wurde! Und so geht man durch die Gänge, steht mal vor dem Schlafzimmer, mal vor dem Wohnzimmer, die – so gut sie denn erhalten waren – genau so aufgebaut waren, wie sie aufgefunden wurden.
Die vermutlich kostbarste Sektion des Museums erwartete uns offensichtlich dann im Keller. Zumindest braucht es bei der schweren Stahltür am Eingang keine weiteren Worte:
Hier lagerten die Münz-Schätze des Museums. Und auch hier war ich ein weiteres Mal überrascht, wie früh die Menschen damals auch schon ganz filigrane Prägungen auf Münzen bekommen haben.
Hier kann man sehen, wie früher die Münzen gegossen wurden: flüssiges Metall in einen Rohling geben, auskühlen lassen, öffnen – fertig.
Sehr interessant auch, in welchen Dimensionen das Geld damals in Verkehr war. So richtig große Münzen wollte man da sicherlich nicht mit sich herumschleppen. Andererseits: auch das Kleingeld wird hier seinem Ruf mehr als gerecht. So mickerige Münzen fallen doch schnell in die Ritzen der römischen Clutch…
Mit unserem Rom-Pass sind wir in das Nationalmuseum kostenlos rein gekommen. Enthalten war dann auch noch kostenloser Eintritt in der Krypta Balbi, ein weiteres Museum, in dem man sich einige gut erhaltene Grundmauern aus alten Zeiten anschauen konnte. Also düsten wir mit dem Bus in Richtung Haltestelle Argentina. Dort angekommen sieht man eine etwas unscheinbare Ruine, die dennoch sehr geschichtsträchtig ist: am 15.03.44 wurde auf den Stufen Julius Cäsar ermordet. Sieht man heute nicht mehr viel von, nicht mal das Absperrband ist erhalten.
Auch im Museum der Krypta Balbi gab es so einige Gegenstände aus dem früheren Alltagsleben zu sehen.
Und auch wenn diese alten Mauerwerke, die quasi der Grundstein für dieses Museum sind, historisch sind: so richtig spannend wollte mir das Gewölbe dann doch nicht vorkommen. Alles in allem war der Besuch dort für lau okay, aber wenn man ein Museum besuchen will, gibt es in Rom sicherlich spannendere.
Nach einer kurzen Pause am “Tatort Julius Caesar” ging es dann nordwärts in Richtung Pantheon. Im Jahr 128 n. Chr. fertiggestellt, im Jahr 609 zur christlichen Kirche umgewandelt, hatte der antike Bau bis ins 19. Jahrhundert hinein die größte Kuppel der Welt. Zudem ist diese noch offen, so dass zwar die Sonne hineinscheinen kann, aber es auch durchaus mal hineinregnen kann. Das Panteon dient u. a. als Grabstätte für den Maler Raffael und den italienischen König Umberto I.
Imposant? Ja, ist dieses riesige Bauwerk durchaus. Auch hier stellt man sich unweigerlich die Frage, wie diese gigantische Kuppel im Jahr 128 n. Chr. da hoch gebracht wurde. Oder die gigantischen Säulen im Eingangsbereich, jede mit einem Gewicht von zig Tonnen – wie haben sie die seinerzeit so passgenau aufgestellt bekommen?
Auf der anderen Seite war es wohl echt von Nachteil, dass wir just am Tag zuvor im Petersdom waren. Mit diesen fantastischen Bildern vom Vortag im Hinterkopf, wirkte das Pantheon eher wie “just another monument”. Während Michi sich den (für uns) kostenlosen Audioguide geholt hat, habe ich das Bauwerk und die Atmosphäre einfach auf mich wirken lassen. Diese ganzen Infos zur Historie hätten mich meiner Meinung nach einfach zu sehr vom Moment abgelenkt.
Irgendwann haben wir uns dann in dem wimmeligen Gewusel wieder getroffen und uns gemeinsam in eine Kirchenbank gesetzt, das wilde Treiben einfach mal still beobachtet. So viele Leute. So viele Sprachen. Und alle paar Minuten eine unüberhörbare Lautsprecherdurchsage in diversen Sprachen, dass man doch bitte nicht laut reden möchte. Hat natürlich keinen interessiert, ebenso wenig wie die Tatsache, dass man sich in einer Kirche befindet und gefälligst Mützen und Hüte abzunehmen hat. Nun ja, bloody tourists…
Auf dem Heimweg machten wir natürlich noch einen kleinen Schlenker zu Signore Fassi und seinem fantastischen Eis. Ein ordentliches Portiönchen für gerade mal 3,80 €. Auf jeden Fall waren das keine Touri-Preise.
Gegen 20:45 Uhr waren wir dann – einmal mehr – mit platten Füßen erschöpft wieder in unserem Apartment zurück.